03.04.2004

Alltagstücken im Dialekt „Die Schnitzerneggl“ mit Jubiläumsprogramm: Das Beste aus zehn Jahren

SCHWABACH – Ohne Zweifel. Zehn Jahre „Schnitzerneggl“. Das ist ein Grund zum Feiern. Willy Büttl, Hans Werner Stenger und Richard Luxenburger verlegen das Fest auf die Bühne. Über zwei Stunden präsentieren sie im „Gaswerk“ das Beste aus ihren sieben Programmen. Da bleibt kein Stuhl leer und auch kein Auge trocken. Ihre Existenz verdanken die Schnitzerneggl einem Zufall. Nur einmal wollten sie für Freunde und Angehörige gemeinsam auftreten. Ihr Erfolg war so durchschlagend, dass man beschloss: Wir machen weiter. Bis heute findet das jedes Publikum „bitterlich stark schee“.

Das Markenzeichen der „Schnitzerneggl“: Alltagssketche in Nemetker-Dialekt. Hinreißende Mundart, deren Heimat der ungarische Ort Nemetker ist und die ungarndeutsche Flüchtlinge nach dem Krieg nach Schwabach und Büchenbach gebracht haben. „Drei alte Männer“

Ferry, Polly und Franz, „die drei alten Männer“ sind das Flaggschiff jedes Schnitzerneggl-Programms. Sie sitzen auf einer Bank und sinnieren über die Tücken des Alltags oder hängen ihren Jugenderinnerungen nach.

Nemetker ist ungarisch und heißt übersetzt „Deutsches Dorf“. Der Ort liegt rund 150 Kilometer südlich von Budapest. Hessen, Franken, Schwaben, Saarländer und andere Deutsche haben sich vor etwa 220 Jahren in diesem Gebiet angesiedelt. Aus den verschiedenen Dialekten ist ein Idiom entstanden, das dem Oberfränkischen recht ähnlich klingt. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die deutschstämmigen Nemetkerer Ungarn verlassen und kamen als Flüchtlinge nach Deutschland. Sie wurden die größte Flüchtlingsgruppe in Schwabach. Mitbringen konnten sie nichts außer ihrem Dialekt.Die drei Schnitzerneggl sind natürlich nicht mehr in Ungarn geboren. Doch von ihren Eltern und Großeltern haben sie das Nemetker-Deutsch gehört und es zum Zentrum ihrer Alltagskomik gemacht.

„Der ist doch evangelisch“

Der „Schwabacher Elite-Schule“ verdanken die drei offenbar ihre Grundbildung. Die Luitpold-Schule ist nämlich Schauplatz eines Nachsitzens mit dem „Kablan“, der den beiden Jungs etwas über Religion und Sexualkunde beibringen will. Vergeblich. „Der Rudi gefallat mir gut“, antwortet der eine auf die Frage, wen er heiraten wolle. Das stößt auf den Widerstand des Geistlichen. „Der ist doch evangelisch.“

Im „Krankenhaus zum billigen Jakob“ nehmen die Schnitzerneggl die Gesundheitsreform aufs Korn. Nur vierte Klasse bedeutet: Drei Mann in einem Bett. Hämorrhoiden und Mandelentzündung werden mit ein und dem selben Pinsel behandelt. In der Sauna will der Bischof gemeinsam mit dem Pfarrer dem Kaplan die Fehler seiner ersten Predigt erläutern. „Zum Schluss heißt es ‚Amen‘ und nicht ,Prost‘.“

Immer finden die Schnitzerneggl alltägliche Lebenssituationen der Nemetker-Schwabacher, die sich amüsant aufbereiten lassen. Ob als Familie, die im Mercedes „zur Huma“ Einkaufen fährt, oder im Gespräch mit einem US-Soldaten, der Schwabach 50 Jahre nach seiner Stationierung besucht. „Die Oma kennt er auch“, erklärt der Enkel dem Opa, als der Senior aus Übersee nach der Elisabeth mit den roten Haaren und dem Holz vor der Hütt’n frägt. Jeder Kalauer erhält dabei durch das Nemetker-Deutsch ein zusätzliche Pointe.

Bitterlich stark schee.

Robert Schmitt
 © SCHWABACHER TAGBLATT